Zu späte Liebesbeichte

von © Melanie Rinschede

 

In wenigen Minuten wird er meine wahren Gefühle erfahren. Meine beste Freundin überreicht ihm den Brief, den ich ihm vor wenigen Tagen schrieb.

Er ist David. Ich kenne ihn jetzt seit 8 Jahren. Wir lernten uns eher zufällig im Supermarkt kennen, als meine Kreditkarte versagte und ich nicht genug Bargeld bei mir hatte um zu bezahlen. David stand hinter mir und sagte: "Ich werde dir das Geld leihen, wenn du dafür mit mir essen gehst!" Bei diesem gut aussenden, charmantem Mann, konnte ich nur ja sagen.

2 Tage später saßen wir dann gemeinsam beim Chinesen und verbrachten einen sehr schönen Abend miteinander. Es war wirklich toll und ich verbrachte auch danach gerne meine Zeit mit ihm. Doch obwohl ich mich unsterblich in ihn verliebte, blieben wir Freunde. Ich traute mich ihm nicht zu offenbaren und von seiner Seite kam auch kein Zeichen, dass er mehr Interesse an mir hätte.

Nach einiger Zeit erzählte er mir dann auch, dass er seit kurzem wieder eine Freundin hätte. Ich war tief geknickt. Obwohl ich ihm meine wahren Gefühle sowieso nicht sagen würde, nun war auch noch die Hoffung verflogen. Doch die Beziehung zwischen ihm und der Frau hielt nicht lange und wir unternahmen wieder öfter etwas miteinander. Es war egal was wir machten, er brachte mich immer zum Lachen und durch seine lockere Art fühlte ich mich immer wohl bei ihm. Oft gingen wir auch nur Stunden lang spazieren und unterhielten uns. Jedes Mal dachte ich nur, wie schön es sei, mit ihm zusammen zu sein. Doch egal wie sehr ich mir vornahm es ihm zu sagen, ich bekam es nicht über meine Lippen.

Und er erzählte mir immer wieder von Frauen, die er kennen lernte und redete mit mir über seine Freundinnen. Ich ging fest davon aus, dass er mich nur als gute Freundin sieht.

Ich dagegen war nie frei, um andere Männer kennen zu lernen, da David der einzige war, der in meinen Gedanken herum schwirrte.

Hin und her gerissen zwischen den Gefühlen zu David und dem Wunsch endlich wieder frei zu sein, beschloss ich ihm einen Brief zu schreiben, in dem ich ihm alles sagen würde. Dann wüsste er über meine Gefühle Bescheid und er könnte mir eine Antwort auf seine Gefühle geben. Denn ich stellte mir immer wieder die Frage, wieso lud er mich damals zum Essen ein? Wieso verbrachte er immer wieder so viel Zeit mit mir? War ich nur die Lösung für zwischendurch, wenn er mal keine Freundin hat, oder traute er sich vielleicht auch nicht zu sagen, was er fühlt?

Ich wollte ihm den Brief geben und abwarten, was er dazu sagt. Wenn er meine Gefühle nicht erwidern sollte, würde ich den Kontakt abbrechen und nach so vielen Jahren endlich mit dieser Sache abschließen und ein neues Leben beginnen.

Doch als ich den Brief fertig gestellt und in den Briefumschlag gesteckt hatte, kamen mir Zweifel. Die Einzige, der ich von dem Brief erzählte, war meine beste Freundin Sabrina, die ihn las und meinte, dass ich ihm den geben solle. Sie sagte: "Wer nicht wagt, kann auch nicht gewinnen! Du kannst dein Leben lang hoffen, dass er irgendwann sagt, dass er dich liebt, du kannst aber auch selber den Schritt gehen, es ihm zu sagen! Du hast doch nur Angst vor der Konsequenz, dass er dir sagt, dass es für ihn nur eine Freundschaft ist! Aber wenn es so ist, dann wird es sich auch nicht dadurch ändern, dass ihr nie drüber sprecht!"

Sie hatte Recht und das wusste ich auch. Auf dem nach Hause Weg von ihr dachte ich die ganze Zeit darüber nach. Dann fiel mir auf, dass ich den Brief bei ihr liegen gelassen hatte. Ich wollte umdrehen, doch es war eine gute Gelegenheit, die Abgabe noch ein wenig hinzuziehen.

Sabrina hat ihm den Brief jetzt, 5 Tage nach dem ich ihn bei ihr vergessen hatte, gegeben und David öffnet ihn. Er sieht überrascht aus und fängt an die Zeilen zu lesen:

Lieber David,

In diesem Brief steht etwas, dass ich dir schon so lange sagen

wollte. Ich habe es mich nie getraut. Ich möchte dich wissen

lassen, dass ich in dir mehr sehe als einen Freund, dass ich mich

schon vor langer Zeit in dich verliebt habe.

Ich weiß nicht, ob das für dich überraschend kommt, oder ob

du dir das schon gedacht hast. Ich würde nur von dir gerne wissen,

wie du dazu stehst. Sind wir in deinen Augen nur Freunde?

Oder siehst du das auch wie ich? Bitte gebe mir eine Antwort!

In Liebe Doreen

Er guckt traurig und ich sehe sogar Tränen in seinen Augen. Er holt seine Autoschlüssel, fährt zu einem Blumenladen und kauft eine rote Rose. Dann fährt er zum Friedhof und läuft zu meinem Grab, legt die Rose nieder und sagt mit leiser Stimme: "Hättest du doch nur eher was gesagt. Ich habe mich damals auch in dich verliebt, habe mich doch auch nicht getraut, dir das zu sagen! Und deinem Verhalten nach, bin ich immer davon ausgegangen, dass es für dich nur eine Freundschaft ist!"

Ja, hätte ich eher etwas gesagt. Auf dem Weg von Sabrina nach Hause, hatte ich einen Autounfall und starb. Ich hätte meine letzten 8 Jahre in einer glücklichen Beziehung leben können, wenn wir nur miteinander gesprochen hätten!